Faszinationsanlage – Aufmacher

Report

Ultimatives High-End mit Wilson Audio und Dan D᾽Agostino

Welch ein Erlebnis! Im Showroom von Audio Reference in Hamburg gingen wir mit einer ultimativen Anlage aus Komponenten von Dan D᾽Agostino und Wilson Audio auf einen Trip zu den Grenzen des High-End-Universums. Damit nicht genug, reisten wir in die USA und spürten vor Ort den Geheimnissen beider Hersteller nach.

| Matthias Böde


„Einmal um die HiFi-Welt und die Taschen voller Geld“, summe ich leise in leichter Abwandlung eines alten Schlagers und Vorfreude des nahen Termins vor mich hin. Dabei geht es erstmal nur nach Hamburg zum High-End-Vertrieb Audio Reference, der exklusive Marken in Deutschland vertritt und in dessen großem, akustisch nahezu perfektem Showroom ein ultimatives System auf uns wartet.

Willkommen in der Sphäre der highfide­len Superlative! Größe, Gewicht, Preis und Klang – hier werden sogar die ohnehin weit gesteckten Grenzen der audiophilen High Society nicht nur ausgelotet, sondern locker gesprengt. Es geben sich die Ehre: ihre Mono-Endstufen- und Lautsprechermajestäten D᾽Agostino Relentless Epic 1600, für die die Rack-Manufaktur Bassocon­tinuo farblich angepasste Heavy Metal-Throne erschuf, sowie die mit 2,24 Meter Höhe beinahe alles überragende Wamm Master Chronosonic, Spitzenmodell des bestens beleumundeten US-Herstellers Wilson Audio.

Den Test zu D’Agostinos' neuestem Zugang in der „Momentum“-Serie, dem zweiteiligen Vollverstärker Momentum MxV Integrated Amplifier, lesen Sie hier.

Uns erwartet nichts anderes als ein high­endiges Ausnahmeerlebnis sowie der Höhepunkt einer langen, über Jahre verteilten Reihe extraordinärer Begegnungen mit den Komponenten dieser beiden Anbieter. Nun habe ich im Laufe der Zeit einige der in Provo im US-Bundesstaat Utah entwickelten und gebauten Wilson-Lautsprecher getestet. Unvergessen blieben etwa die inzwischen abgelösten Maxx3, die im Zusammenspiel mit der ebenfalls so mächtigen wie ausgefeilten Soulution-Elektronik womöglich das Beste war, was je in unseren Hörräumen auftrat.

Unvergessliche Eindrücke

Die Aufzählung der Kontakte der dritten Art von beinahe überirdischer Wirkung ließe sich nahezu beliebig fortsetzen. So zum Beispiel in 2016 und ‘17 jeweils auf der CES in Las Vegas, wo in einer großzügigen Suite des dortigen Venetian-Hotels, das die „Audio Exhibition“ beherbergte, einmal die Alexia und im Folgejahr die damals neue Alexx aufgebaut waren. Stets übernahmen Dan D’Agostinos Momentum-Monos die Endverstärkung, während das sogenannte Frontend, also Quellgeräte und Vorstufe, vom britischen Spezialisten DCS stammte. Beide Male war’s für mich „Best Sound of the Show“.

Die Darbietungen gelangen in jeder Hinsicht „outstanding“: lebendig atmend, vollkommen von den mehrteiligen Boxenkörpern gelöst, feindynamisch raffiniert und im Tiefenrelief markant ausgestaltet. Sagen wir es deutlich: Es war pure Musik ohne jeden technoiden Anflug. Sowas hört man ganz selten. Meine Viertelstunde auf dem Sweetspot vor den Alexx mit Brian Wilsons genialem wie klanglich herausragendem „Smile“-Album hat sich als All-Time-Highlight unauslöschlich in meinem Gedächtnis festgesetzt.

Faszinationsanlage – CES1
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Faszinationsanlage – CES2

Best Sound of the Show? Wilson Audios Alexia (r.) wie Alexx (l.) klangen 2016 und ‘17 auf der CES in Las Vegas mit D‘Agostinos kleineren „Momentum“-Monos faszinierend gut.

So, und nun also die riesigen Wamm ­Master Chronosonic an den kaum minder ein­drucksvollen Relentless-Mono-Amps – die Bezeichnung bedeutet „unerbittlich“ – des schon während seiner Krell-Ära für geradezu maßlose Endverstärker berüchtigten Urgesteins Dan D’Agostino. Schon die blanken Zahlen der Mega-Anlage schockieren: So bringt das Paar Relentless Epic 1600 rund 700 Kilogramm auf die Waage. Bei den Wilsons sind es sogar satte 820 Kilo. Die Preise betragen beachtliche 350.000 beziehungsweise – halten Sie sich fest! – 850.000 Euro.

In jeder Weise grenzwertig

Angesichts solcher Unsummen fallen die Kosten für D’Agostinos gleichfalls krassen Momentum-Pre sowie das Top-Equipment der Zuspieler von Meridian oder Krell kaum noch ins Gewicht. Heftig wird auch die Forderung für die komplette Nordost-Verkabelung, die sämtliche Signale leitet und der die Stromversorgung obliegt. Tja, wer A sagt...

Und der optische Eindruck ist entsprechend. Es ist beinahe, als säße man vor einem Gebirge, wobei die üppigen runden Pegelmeter der D᾽Agostinos gleich grünlich funkelnden Seen im Tal zwischen zu beiden Seiten hoch aufragenden Lautsprechergipfeln leuchten. Deren Fronten sind so zerklüftet wie ein Bergmassiv. Das liegt an den einzeln aufgehängten Modulen der Chassis für die mittleren und hohen Frequenzen. Denn den Namen „Chronosonic“ wählte Wilson Audio nicht willkürlich. Vielmehr spielt dieser auf die hier ins Extrem getriebene Zeitrichtigkeit der Wiedergabe an.

Nicht kleckern, sondern klotzen!

Faszinationsanlage – Anzeigeinstrument
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Angesichts der Materialschlacht, die Dan D‘Agostino fährt, rückt sein Know-how leicht in den Hintergrund.

In Amerika ist alles größer: die SUV, die Steaks und auch die Verstärker, wie Dan D‘Agostinos fette Relentless-Monos Epic 1600 beweisen. Doch die im örtlichen Hacienda-Stil gehaltene Firma in Cave Creek, eine halbe Autostunde von Phoenix, Arizona, entfernt, die dahintersteht, ist eher übersichtlich und gediegen. Hier sitzen die Mitarbeiter konzentriert an Tischen und löten etwa Teile in Platinen. Zu unserem Termin hat das Team einige Baugruppen ausgestellt, um seine Arbeit zu erläutern. Eines zieht unsere Aufmerksamkeit besonders an: das protzige Pegel­instrument des neuen Relentless-Vorverstärkers, das einmal zusammengesetzt sowie demontiert daliegt. Da ist sie wieder, die Gigantonomie, die für viele von Dan D‘Agostinos Projekten steht.

Das war schon immer so. Denn auch wenn sein aktuelles Unternehmen erst seit 13 Jahren existiert, ist der Mann eine Entwickler-Ikone und lebende Legende. Der Liebhaber schneller Autos gründete 1980 die Krell Industries und faszinierte bald darauf die HiFi-­Welt mit ausladenden Endstufen, die sein Markenzeichen wurden. Nach dem Verkauf von Krell in 2009 gab er mit „Dan D‘Agostino Master Audio“, so die vollständige Bezeichnung, dann erst recht Vollgas.

»Super Rail«-Power

Was das bedeutet, macht nicht nur der Aufwand für das riesige, grün illuminierte Pegelmeter deutlich. So wiegen die von einem Spezialbetrieb zugelieferten Kupferprofile seiner großen Mono-Amps Relentless Epic 1600 – in Kürze erscheint mit den Epic 800 übrigens eine kleinere Version – rund 40 Kilogramm das Stück. Auf zwei von ihnen sind die insgesamt 112 Power-Transistoren montiert. D‘Agostino nennt die unvergleichlich gute Wärmeleitfähigkeit des Materials als Grund für dessen verschwenderischen Einsatz. Außerdem sei so die gesamte Fläche auf derselben Temperatur, was angesichts der schieren Zahl an Halbleitern ungemein wichtig sei, um allen identische Arbeitspunkte zu sichern. Die Kupferplanken leiten die Wärme dann in die äußeren Kühlkörper aus Aluminium ab.

Der Mann, auf den eine Unmenge von Entwicklungen und Innovationen zurückgehen, weiß um den Stellenwert solch vermeintlicher Kleinigkeiten. In den durch das „Epic“-Upgrade unlängst aufgewerteten 1600er-Monos findet seine „Super Rail“ Verwendung, bei der durch ein Hochvoltkonzept vor der Ausgangsstufe diese quasi „aufgeladen“ wird wie die Zylinderbank durch einen Turbo. Deshalb würde dem Amp selbst bei höchster Belastung nie die Luft ausgehen.

Dass unter solch extremen Bedingungen alles stabil und korrekt funktioniert will die Produktion durch entsprechende Sorgfalt sicherstellen. Deshalb betreiben die Amerikaner seit einiger Zeit ihre eigene, computergesteuerte Lötstraße. Einfach den jeweiligen Platinentyp im Touch-Display eingeben, und schon zieht die Maschine die Boards mit den locker eingesetzten Parts in ihr Inneres. Auf der anderen Seite kommen sie kurz darauf höchst präzise konfektioniert wieder heraus.

Die Relentless Epic 1600 ist wirklich »unerbittlich«

Dass die für die Epic 1600 angegebene Leistung kein leeres Versprechen ist, belegt D‘Agostino am Mess­platz. Dort lässt er dessen Pegelmeter bis zum Anschlag hochschnellen. Das Messgerät meldet 1.590 Watt an acht Ohm, und die bis zu vier Kilowatt belastbaren Widerstände fangen an zu riechen. An einem 220-Volt-Netz würde sich die Power an vier Ohm mühelos verdoppeln und an zwei Ohm vervierfachen. Die Messwiderstände betteln um Gnade.

Weniger um pure Gewalt als nachdrückliche Klangbilder geht es in Dans Heim, wo Wilson Audios Chronosonic XVX an Prototypen der Epic 800 plus dem neuen Relentless-Pre hängen. Auch jene haben leichtes Spiel mit den eine Stufe unterhalb von Wilsons Spitzenmodell angesiedelten Giganten. Es tönt erwartet superb, wenn auch nicht ganz so radikal auf den Punkt gezogen wie in Provo, eher wohnraumgerecht abgestimmt. Und alle sind glücklich.

Doch eines treibt den „Großmeister der HighEnd-Elek­tronik“ um: Was soll er bloß nach den Relentless Epic 1600 präsentieren? Etwa noch ausladendere, potentere Monos? Solche passen nicht mehr in D‘Agostinos Vorstellungswelt, doch er hat sich ja bislang noch immer selbst übertroffen.


Faszinationsanlage – Lötstraße
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Faszinationsanlage – Widerstände
Faszinationsanlage – Handarbeit
Faszinationsanlage – Heimanlage

Die Amerikaner gehörten zu den Ersten, die diesen längst als zentral angesehenen Aspekt bei der Lautsprecherentwicklung in den Fokus nahmen. Sieht man bei anderen Anbietern zuweilen etwas zurückgesetzte Hochtöner in der Schallwand, um deren Ra­sanz gegenüber den trägeren Tieftönermembranen mechanisch auszugleichen, treiben die Amerikaner das Thema auf die Spitze.

Zeitkohärenz am Hörplatz

So sind ab der hier bei stereo+ getesteten Sasha DAW aufwärts alle Modelle mit beweglichen Aufsätzen für die Mitteltöner und Tweeter ausgestattet, sodass sich diese in der Tiefe sowie im Winkel sowohl zueinander wie vor allem bezüglich des Bassabteils verstellen lassen. Dies geschieht freilich nicht irgendwie, sondern nach exakter Vorgabe, wobei die Entfernung des Hörplatzes zum Lautsprecher respektive die Ohrhöhe des gemeinhin auf einem Sessel oder Sofa sitzenden Hörers den Fixpunkt für die Einstellung bildet.

Ziel ist es, dass sämtliche Signale der ersten Wellenfront möglichst zeitgleich dessen Ohren erreichen und so ein Verwischen von Feinstinformationen ebenso vermieden wird wie Beeinträchtigungen hinsichtlich der räumlichen Abbildung und Plastizität, weil der Phasenverlauf nicht stimmt, was insbesondere bei Mehrwegesystemen wie der gewaltigen Wamm Master Chronosonic ja leicht geschehen kann. Am Ende ist der Lautsprecher auf den Hörplatz so präzise scharfgestellt wie die Linsen eines Objektivs.

Aufwand, der sich lohnt

Faszinationsanlage – CNC
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Faszinationsanlage – Kleben
Faszinationsanlage – Lackiererei
Faszinationsanlage – Polieren

Bei Wilson Audio läuft vieles anders als üblich. Genau das macht die Besonderheit der Lautsprecher aus.

Wer sich unter Wilson Audio eine piekfeine Manufaktur vorstellt, liegt falsch. Die am Ende makellos und wie aus dem Ei gepellten Lautsprecher der in Provo unweit von Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah ansässigen Company haben ihren Anfang vielmehr in Lärm und Dreck. Dafür sind in erster Linie die Fertigung und Lackierung ihrer aufwendigen Gehäuse verantwortlich. Anders als gewohnt werden diese nämlich nicht fix und fertig von einem externen Partner zugeliefert, sondern nach höchsten Maßstäben im Haus produziert. Um der Nachfrage gerecht werden zu können, haben die Amerikaner unlängst ihre Kapazitäten quasi verdoppelt.

Und es kommen auch nicht die gängigen MDF-Platten zum Einsatz. Stattdessen setzt dieser Hersteller seit Langem auf seine bekannten „X-Materials“, hochdämpfende wie ultrastabile Platten unterschiedlicher Dichte und Stärke, die aus mit organischen Stoffen angereicherten Kunstharzen bestehen. Diese werden in einem ausgeklügelten Verfahren, das aus einer Mischung von Berechnung und ausgiebigen Hörtests besteht, so miteinander kombiniert, dass die fertigen Gehäuse bei optimaler Energieableitung geringstmögliche Schwingneigung aufweisen und den Treibern ein möglichst festes Rückgrat liefern, damit selbst feinste Nuancen nicht von Vibrationen verwischt werden.

Doch bevor es so weit ist, müssen zuerst die Rohplatten zugeschnitten werden, was zwei computergesteuerte CNC-Maschinen bei geringsten Tole­ranzen erledigen. In Windeseile sausen die Fräsköpfe über den harten Werkstoff und formen dabei bereits grob erste Kanten und Schrägen für die facettierten Gehäuse heraus. Danach werden diese unter Verwendung eines Spezialklebers verleimt und per Spannzangen gesichert.

Die Gehäuse erhalten einen Rundumschliff

Sind die Verbindungen fest, beginnt die eigentliche Drecksarbeit. In Räumen mit effektiver Absauganlage beschleifen durch Atemmaske und Ohrenschutz vor Staub und Lärm bewahrte Arbeiter die Boxen und modellieren dabei so mühevoll wie präzise deren typische, exakt vorgegebene Formen heraus. Legt man die gesamte Fertigungszeit etwa der abgebildeten SabrinaX, kleinste Standbox von Wilson Audio, zugrunde, würde ein Arbeiter gerade mal drei Gehäuse pro Woche bewältigen. Die größeren Modelle wie etwa die Sasha DAW – links in Orange – sind mehrteilig, was die Komplexität und damit den Aufwand beträchtlich erhöht, bis hin zur ultimativen Wamm Master Chronosonic mit ihrem runden Dutzend individuell ausgeformter Teile.

Die eigenständige Gehäusetechnologie betrachtet Firmenchef Daryl Wilson (unten) als einen zentralen Grund für das erzielte Klangniveau wie auch die Reputation, die Wilson-Lautsprecher international genießen. Daryl übernahm nach dem Tod seines berühmten Vaters und Gründers David Wilson 2018 die Leitung des Unternehmens und hat seitdem nicht nur eigene Projekte wie etwa die übermannshohe Chronosonic XVX realisiert, deren Miniaturmodell er in der Hand hält, sondern viele der Abläufe hinsichtlich noch höherer Produktqualität optimiert.

So werden die Frequenzweichen nicht nur umfänglich berechnet, seit 2018 fertigen die Amerikaner sogar ihre Kondensatoren selbst. Das Know-how übernahmen sie von einem befreundeten Zulieferer, der sich aus dem Business zurückzog und dessen Qualität man sich sichern wollte. Weitere Forschungen führten zu abermaligen Verbesserungen. Zu sehen ist davon nichts, denn die Weichenbauteile werden nach der Montage in ihrer Wanne bombenfest vergossen, sodass Verzerrungen aufgrund etwaiger Mikro­fonie, also der mechanischen Anregung vor allem durch die energiereichen Basswellen, kein Thema sein sollten. Allerorten trifft man auf mehr oder weniger auffällige Details, die zum Top-Ergebnis beitragen. So fand man etwa heraus, dass masseärmere Polklemmen einen positiven Einfluss auf die Performance haben. Schon wurden die metallischen Anschlüsse längsgebohrt, um Gewicht zu sparen.

Chassis nach exakten Vorgaben von Profis

Aufgrund des engen Kontakts zu den bewährten Chassislieferanten bekommt Wilson Audio von diesen genau, was man will. „Für eine eigenständige Treiberentwicklung und -fertigung sehen wir keine Notwendigkeit“, begründet Daryl Wilson die Entscheidung, „denn das können unsere Partner hervorragend, und wir stecken ohnehin so tief in der Materie, dass wir wissen, was wir wollen.“

Was hervorragend klingt, soll natürlich auch perfekt aussehen, weshalb die Amerikaner ihre eigene Lackiererei betreiben. Es gibt einige Grundausführungen, gegen Aufpreis sind praktisch sämtliche RAL-Farben möglich. Aktuell sind übrigens matte „Frozen“-Varianten angesagt. Mit diesen verfährt man speziell. Bei den Glanzlacken wird – man könnte es raten – wieder und wieder geschliffen und poliert, bis das Ergebnis einwandfrei ist. Am Schluss geht es dann tatsächlich wie bei einer Manufaktur zu, wenn behandschuhte Hände über winzige Stellen wischen, um kaum sichtbare Macken zu korrigieren.

Über die Zuverlässigkeit der Qualitätskontrolle braucht man sich nicht zu sorgen. In Anspielung auf ein Michelangelo-Zitat meint der gläubige Mormone: „Wenn ich einen Fehler zulasse, sehen diesen zwei: Ich und Gott.“ Das würde ihm sowie der gesamten Mannschaft wohl wie Blei auf der Seele liegen. Dann lieber gleich kompromisslos vorgehen. Denn das lohnt sich!


Faszinationsanlage – Daryl Wilson
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Faszinationsanlage – Schleifen

Was es in der Praxis bedeutet, wenn die Mittel- und Tiefmitteltöner, die den Tweeter nach D᾽Appolito-Art umrahmen, aufeinander abgeglichen sind, können Gäste von Audio Reference bei einer Visite erfahren. Der ausladende Lautsprecher spielt derartig genau auf dem Punkt wie sonst vielleicht nur ein ausentwickelter Zwei-Wege-­Monitor, bildet zugleich jedoch so ausgedehnt und entgrenzt ab und erscheint obendrein bei jedem Pegel so lässig-ungerührt, wie dies allenfalls großen Boxen gelingt, die mühelos jede Menge Luft bewegen können.

Dabei schwingen die Zeiger der Leistungsmeter der ultrapotenten Endstufen behäbig in die Höhe. Zwei Dinge fallen auf: Erstens sind selbst für höhere Lautstärken kaum mehr als ein paar Watt nötig. Und zweitens wandern die Nadeln im Zuge kräftiger Impulse, wie sie etwa Monty Alexanders „Moanin᾽“ bietet, beim gediegenen Powerplay schon mal in die rechte Hälfte rüber und signalisieren damit, dass man sich der 1.000-Watt-Marke nähert.

Unbewusst vergleiche ich diese Performance mit meinen Erinnerungen an jene eingangs beschriebenen der CES-Messen. Es geht klar in dieselbe Richtung. Allerdings hat das Mega-Gespann in Hamburg, wenn schon nicht in Sachen Präzision, so doch bei der Leistungsentfaltung und aufgrund der noch weiter aufgezogenen Bühne die Nase vorn. Was Wunder, installierte doch mit Wilson-Mitarbeiter Peter McGrath derselbe Spezi die Lautsprecher bei Audio Reference, der einst auch die Setups in Las Vegas betreute. Er weiß eben, wie man᾽s macht und in unterschiedlichen Räumen gleichermaßen hochklassige Ergebnisse erzielt.

In Wilsons »Allerheiligstem«

Nun könnten wir ellenlang die exzeptionellen Fähigkeiten dieser wohl europaweit einmaligen Vorführung beschreiben wie beklatschen, doch unser Trip beginnt gerade erst. Denn wir wollen uns bei den Herstellern selbst einen Eindruck von ihren Fähigkeiten und Ansätzen machen (siehe Kästen).

Großes Erbe

Firmen-Chef Daryl Wilson
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Mansour Mamaghani

Also, auf nach Provo zu Wilson Audio! Zuletzt war ich Anfang 2009 dort. Seitdem hat sich einiges getan. Vor allem ist die Firma gewachsen. Einen knappen Tag lang frische ich meine Kenntnisse hinsichtlich der Technologien und Fertigungsprozesse auf. So vorbereitet öffnet Firmen-Chef Daryl Wilson am späten Nachmittag die Tür zum Allerheiligsten: dem Show- und Hörraum seines verstorbenen Vaters im elterlichen Anwesen.

Bei meinem letzten Besuch standen dort Alexandria XLF, damals on top des Wilson-Programms. Nun sind besagte Wamm Master Chronosonic an deren Stelle gerückt, die dazu – anders als in Hamburg – durch zwei „Thor’s Hammer“-Subwoofer in den Ecken komplettiert werden (siehe oben). Samt der nun beteiligten aktiven Frequenz­weiche erreicht das Lautsprechersystem den magischen Eine-Million-Euro-­Preispunkt. Und auch hier sorgen D᾽Agostinos unerschütterliche Relentless-Monos für Energie in allen Lagen.

Man muss gar nicht in der Mitte sitzen, um zu erfahren, wie prachtvoll und durchstrukturiert diese ultimative „High End-Installation“ jegliche Art von Musik an ihren Hörer bringt. Es ertönt mit Bobby McFerrins „Don’t Worry Be Happy“ ein vermeintlicher Allerweltshit. Doch so wie hier habe ich diesen noch nie erlebt. Der Sänger steht mit realistischen Dimensionen da, wiegt sich leicht hin und her. Es sind bislang unbekannte Klangfarben in seinem Vortrag; jeder Atemzug wird spürbar. Vor allem aber ploppen die McFerrin umhüllenden Begleitstimmen in unterschiedlichen Tiefenebenen auf, und ich erkenne: Diese Anlage spielt in ihrem eigenen Klangkosmos, dessen Grenzen jenseits selbst des Herausragenden gezogen sind.

Per Subs zum »Doppel-Wumms«

Wohl um mir endgültig den Boden unter den Füßen wegzuziehen, legt Daryl Wilson eine Platte mit der Duke Ellington Big Band auf den TechDas-Plattenspieler. Und während sich kurz vor mir aufbauend und weit nach hinten gestaffelt die Musiker – jeder an seinem genau bestimmten Platz – ihr Feuerwerk abbrennen, sinniere ich darüber, was diesen noch von einem Live-Auftritt unterscheidet, so echt, strahlend und authentisch ist der Eindruck. Massiv und mit allen winzigen Facetten wie die Eiger Nordwand in klarer Bergluft steht das Klangbild da. Wahnsinn!

Einmal mehr fasziniert, wie die optisch dominanten Lautsprecher im Spektrum verschwinden, sich akustisch „unsichtbar“ machen. Und zu keiner Gelegenheit lassen sich die schrankgroßen Subs heraushören, sondern fügen sich nahtlos an die sowieso tief hinabreichenden „Wamms“ an, die ja nicht ohne Grund so heißen. Das Ergbenis ist sozusagen ein „Doppel-Wumms!“. Der Vorführer verzichtet auf jede brachiale Zurschaustellung der Möglichkeiten. Auch ohne diese ist klar, was hier geht.

Audiophiler Schlusspunkt

Den Nachschlag gibt’s in Dan D’Agostinos Wohnzimmer, der mit den Prototypen seiner kleineren Relentless-Endstufen Epic 800 ein Paar der eine Nummer kleineren Chronosonic XVX antreibt. Im Gegensatz zur kompromisslosen Diktion in Provo ist es hier ziviler, entspannter. Alles top, aber man will nicht dauernd „Hyper, Hyper!“ schreien. Denn auch so geht Musikhören über eine große Wilson. Mit dem iPad auf dem Schoß scrolle ich durch meine Lieblingstitel. Es ist einfach schön und nach dem heißen Ritt in Provo wie im audiophilen Abklingbecken. War echt mega, dieser HighEnd-Trip!


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