MC Step Up Boxen S3 und DS3B

Test: MC-Überträger

Pro-Jects Überträger MC Step Up Boxen S3 und DS3B im Test

Passive Übertrager heben die Ausgangsspannung von MC-Abtastern auf MM-Niveau an. Unlängst stellte Pro-Ject zwei neue vor. Pushen die „MC Step Up Boxen“ S3 und DS3B nur den Pegel oder auch den Klang?

| Matthias Böde


Stimmt schon, sie sind etwas aus der Zeit gefallen, und mancher Analog-Fan weiß womöglich schon gar nicht mehr, was „Step-up Transformer“, die hier im Mittelpunkt stehen, zu Deutsch: „Trafo-Übertrager“ für Moving Coil-Tonabnehmer (MC), überhaupt sind. Wir erinnern uns: Ihren großen Auftritt im HiFi-Sektor hatten die Step-ups während der Siebziger und wohl auch noch durch die achtziger Jahre hindurch, als es anfangs noch keine CD gab und folglich die Schallplatte für die meisten Hörer die primäre Musikquelle war.

Damals kamen als Alternative zu den gängigen MM-Pickups die ersten MC-Tonabnehmer auf den Markt – und sogleich schwer in Mode. Genau wie heute noch lieferten diese gerade mal ein Zehntel – und oft nicht mal dieses – der Ausgangsspannung üblicher MMs und erforderten daher Phono-Eingänge mit höherer Verstärkung. Hinsichtlich der Eingangsimpedanz wollten sie zudem Werte zwischen 50 und 500 Ohm anstelle der MM-Normimpedanz von 47.000 Ohm „sehen“.

Eine umfangreiche Möglichkeit zum Vergleich von MC- und MM-Tonabnehmern bieten Ihnen unsere HiFi-Testseiten auf stereo.de.

Allerdings besaßen damals nur die wenigsten Verstärker einen Phono-MC-Input, während viele der Vinylhörer unbedingt eines der angesagten, von HiFi-Presse und Insidern als klanglich überlegen empfohlenes, modernes MC-Pickup ausprobieren und besitzen wollten. Zwar wurden die ersten High-Output-MCs als Mittler zwischen den Welten angeboten, doch diese tummelten sich eher in den unteren Preis- und Qualitätsligen und wurden auch deshalb als fauler Kompromiss betrachtet.

Übertrager von Ortofon und Sony als Problemlöser

Und genau da kamen die Übertrager ins Spiel, an die man sein Low-Output-MC anschließt und die dessen geringe Spannung auf MM-Niveau hochtransformieren. Dies geschieht passiv, also ohne Stromzufuhr. Zu einiger Berühmtheit gelangten dabei die als Mini-Übertrager zwischen Cinch-Stecker und Phono-MM-Buchse eingesetzten Adapter von Ortofon und Sony.

Hatte der Vor- oder Vollverstärker eine Phono-MC-Stufe, die dem Tonabnehmer das passende Umfeld lieferte, machte dies die Step-ups zuweilen dennoch nicht arbeitslos, da die frühen, hochverstärkenden MC-Zweige – „no gain without pain“ – nicht selten recht harsch, kühl und spröde klangen und/oder relativ deutlich rauschten, sodass die hifidele Hörerschaft nach wie vor dem praktischen Doppel aus rauschfreiem Übertrager und typischerweise um satte 20 Dezibel geringer anhebenden MM-Eingang klar den Vorzug gab.

Da die erzielte Klangqualität eines Step-ups direkt von der Güte seiner Trafos abhängt, bildete sich wie überall in HiFi eine highendige Klasse heraus, umschwebte manche Step-ups eine geradezu weihevolle Aura. Dazu kam der Vorzug, dass der trafosymmetrische Anschluss des MCs Masseschleifen unterbrach und so Brummstörungen den Garaus machte.

Tatsächlich wurden Übertrager dank wohlklingender, rauscharmer MC-Schaltungen inzwischen weitgehend obsolet. Doch mancher Hersteller schwört nach wie vor auf sie. So setzt etwa Nagra quasi als „MC-Turbo“ grundsätzlich auf solche in seinen Röhren-Phono-Vorstufen bis hinauf in schwindelerregende Preisregionen, und nur eins, zwei eigens geschulte Mitarbeiter des Unternehmens dürfen die kleinen, zum Schutz gegen äußere Magnetfelder in MU-Metallhülsen gekapselten, so lieb wie teuren Preziosen wickeln. Auch bei Ortofon, wo man in guter Tradition einige klanglich hochklassige, aber explizit „leise“ MCs im Programm hat, die entsprechend rauscharme Phono-Inputs erfordern, empfiehlt man in der ersten Stufe die in dieser Hinsicht „stille“ Art der Verstärkung.

MC-Trafos vom Spezialisten Pro-Ject

All dies sollte man im Blick behalten, wenn man auf die beiden neuen „MC Step Up Boxen“ schaut, mit denen der österreichische Analogspezialist Pro-Ject unlängst sein Portfolio komplettierte. Es gibt zwei Modelle: Während der knapp 450 Euro teure S3 mit einfacheren Übertragern auf rein unsymmetrischen Betrieb ausgelegt ist, bietet der größere, gleichfalls in Pro-Jects kompaktem „Box“-Design auftretende DS3B zum doppelten Preis nicht nur ein Paar der anspruchsvollen „MC Input Transformer“ vom Typ LL1678 der schwedischen Marke Lundahl, sondern – ganz im Sinne von Pro-Jects „True Balanced Connection“-Offensive – wahlweise einen vollsymmetrischen Signaltransfer inklusive der dafür notwendigen XLR-Kontakte

Beide Übertrager lassen sich per Knopfdruck zweistufig auf die unterschiedlichen Innenwiderstände von MC-Abtastern anpassen, was zugleich den Verstärkungsfaktor beeinflusst. Und dies natürlich kanalgetrennt, da es sich geradezu zwangsläufig um Doppel-Mono-Konzepte handelt. In der Regel bleiben ihre Knöpfe gedrückt, da die allermeisten MCs Innenwiderstände zwischen fünf und 15 Ohm aufweisen. Werte oberhalb von 30 Ω sind selten. Die Anleitungen geben sogar ein paar konkrete Einstelltipps, allerding nur für ausgewähl­te Moving-Coil-Pickups von Ortofon.

Mit MCs und Phono-Amps im Check

Da der Stromanschluss entfällt, gibt’s im Inneren keine Elektronik zu sehen, ist gerade der kleinere S3 bis auf die keck durch den Deckel hervorlugenden Trafos leer. Beim DS3B, dessen flache Zylinder auf der Oberseite nur Zierde sind, laufen Gestänge durchs Gerät, da man von der Frontplatte aus zwischen den Cinch- und XLR-Ein- wie -Ausgängen umschalten sowie die Grundverstärkung bestimmen kann.

Mess-Diagramme

Pro-Ject Step Up Boxen S3 und DS3B Kurven
3 Bilder
Pro-Ject Step Up Boxen S3 - Klirrspektrum
Pro-Ject Step Up Boxen DS3B - Klirrspektrum

Apropos Verstärkung: Das Labor ermittelte je nach der Stellung des Impedanzschalters Anhebungen von 16 und 23 dB für den S3 sowie 15, 17, 24 oder sogar 28 dB für den doppelt umschaltbaren DS3B. Erfreulich sind nicht nur die niedrigen Klirrwerte (siehe FFT-Diagramme), sondern dazu die prinzipbedingt extrem hohe Kanaltrennung. Den kaum auszurottenden Mythos, MC-Übertrager seien wenig linear, konterte insbesondere Pro-Jects S3 in Form eines explizit glatten Frequenzverlaufs. Der leichte, flache Bassabfall des DS3B ließ sich akustisch nicht verifizieren. Dieser tönt füllig und druckvoll.

Im ausgiebigen Hörtest, in dem einige interessante Beobachtungen zu verzeichnen waren, verbanden wir die beiden Step-ups mit Phono-Vorverstärkern aus verschiedenen Preis- und ­Leistungsklassen. Die Signale spielte dabei Transrotors mit zwei Tonarmen bestückte Laufwerk Rondino nero zu. Darunter auch der neue Ortofon-Arm AS-212R, dessen wechselbare Head­shell den zügigen Austauch der unterschiedlichen MC-Abtaster erlaubte.

Um die Verfälschung der Hörergebnisse zwischen dem symmetrischen und unsymmetrischen Modus der „MC Step Up Box DS3B“ aufgrund der verwendeten Kabel auszuchließen, kam jeweils derselbe Leitertyp in XLR- oder aber in Cinch-Konfektionierung zum Einsatz.

Was verändern Pro-Jects MC Step Up Boxen am musikalischen Klangbild?

Und was lag näher, als mit Pro-Jects eigener, im Ausgang mit Röhren bestückter und ebenfalls knapp 900 Euro teuren Tube Box DS3B sowie dem größeren Übertrager zu starten? Hier zeigte sich sofort ein Phänomen, das wir in praktisch sämtlichen Konfigurationen registrierten: Lieferte der Step-up die erste Verstärkung, gerieten die Klangbilder um Nuancen farbiger und druckvoller. Schlossen wir die Abtaster hingegen wie üblich an den MC-Eingang der Phono-Pres an, verzeichneten wir zwar keinerlei Rauschen, doch die Musik wirkte etwas fahler, dafür leichtfüßiger und gelöster.

Klaviermusik oder auch deftiger Rock kamen mittels Übertrager autoritärer, satter und ausdrucksstärker zu Gehör, boten mehr Energie und „Ernsthaftigkeit“. So etwa die heftigen Gitarrenanrisse von ­„Heart Beat“ des Antonio Forcione Quartets. Beim MC-Direktanschluss schien zum Teil mehr Beschwingtheit und Lockerheit im Spiel, wirkten die Darbietungen so überdies um eine Prise präsenter, in der Kombination mit den Step-ups indes sonorer. Macht sich in den samtigeren oberen Lagen etwa die geringere Verzerrungsanfälligkeit der Vorstufen aufgrund der um rund 20 dB niedrigeren MM-Verstärkung bemerkbar?

Den Zugewinn an Ablösung, Entspanntheit und Räumlichkeit, den wir unlängst beim symmetrischen Eingangsmodus der Tube Box verzeichnet hatten, stellte sich auch ein, wenn wir den „MC Step Up“ in dieser Art betrieben. Extra-Tipp: Wer eine hochwertige, aber nur unsymmetrische Phono-Vorstufe betreibt, sollte durchaus mal Pro-Jects größeren Übertrager bei XLR-Anschluss des MCs auspro­bieren. Denn die positiven Resultate bleiben selbst dann  bestehen, wenn man den DS3B per Cinch an den MM-Input des Phono-Pres anschließt. Sehr gut möglich, dass dies das Tor zu neuem Vinyl-Genuss öffnet.

Ansonsten muss man wohl eher von Geschmackskategorien sprechen. Top-Vorstufen wie Moonrivers Model 505 oder den Edison MkII von Brinkmann pusht Pro-Jects höherwertiger Step-up nicht wirklich nach vorn, sodass der in dieser Klasse zwar nicht gerade fehl am Platz, jedoch keineswegs dringend angeraten erscheint.

Überraschungs-Coup MC Step Up Box S3

Doch es gilt eine Ausnahme: Besitzt das Pickup eine sehr geringe Ausgangsspannung wie zum Beispiel Ortofons vorzügliches MC Verismo, neigen selbst hochwertige Phono-Amps trotz satter Verstärkung zu einem ansatzweise dünnen, strengen Ton. In diesem Fall die ersten 17dB zudem rauschfrei mit der „MC Step Up Box DS3B“ zu gewinnen und den Phono-Pre bei 47 kOhm und – soweit möglich – höherer MM-Verstärkung zwischen 45 und 50dB zu betreiben, kann das Gesamtniveau deutlich steigern. Genau dafür empfehlen übrigens auch die Dänen ihre Übertrager.

Während sich Pro-Jects „Großer“ dank Lundahl-Trafos und alternativem symmetrischem Eingang erwartungsgemäß als hochklassiger Übertrager mit edlem Klangbild präsentierte, erwartete uns beim nur halb so teuren S3 der Österreicher eine echte Überraschung.

Dieser ist nämlich keineswegs eine Sparausgabe, sondern eignet sich mit seinem offenen, detailreichen und frischen, knackig-impulsiven Auftritt als Partner für günstigere Phono-Pres oder aber integrierte Phono-Stufen in Vor- und Vollverstärkern, die dann folglich auf MM statt MC laufen. Symmetrisch funktioniert’s mit diesem zwar nicht, doch sei’s drum. Denn auch per Cinch kann der S3 diesen latentes Rauschen, tonale Blässe oder lästige Brummstörungen effektiv austreiben.

Damit wird die kleinere „MC Step Up Box“ ebenfalls dem Anspruch als Turbo-Booster für den MC-Klang gerecht.


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