„Javelin“, das neue Album, ist ein für seine Verhältnisse sehr privater Songzyklus geworden – kein sozialkritischer Song, nirgends. Bei „Goodbye Evergreen“ als Nachruf auf seinen unlängst gestorbenen Freund geniert er sich nicht, seinen Abschiedsschmerz pathetisch mit großem Chor zu artikulieren, und auch mit „A Running Start“ als nostalgische Erinnerung an Gefühle, die eine erste Liebe auslöst, zelebriert er deren Überschwang.
Fast schon theatralisch inszeniert Stevens als große Poparie den Song mit der Frage „Will Anybody Ever Love Me?“, hymnisch schwelgend wie viele dieser neuen Songs. Irgendwie schizophren dementiert er als bekennender Romantiker gleich mehrfach, dass Liebe von Dauer sein könne. „I was the man still in love with you / When I already knew it was done,“ erklärt er in „So You Are Tired” und gesteht im Titelsong: „I will always love you / But I cannot live with you.“ Das könnte Joni-Mitchell-Fans an das Telegramm erinnern, in dem sie sich seinerzeit von Graham Nash mit der lapidaren Bemerkung, man könne Sand nicht in der Faust festhalten, er rinne einem durch die Finger, trennte. Als optimistische Folkhymne deutet er Neil Youngs „There‘s A World“ komplett neu und um, und zwar ohne Melancholie und jeglichen bedrückenden Fatalismus.
Franz Schöler