Er reflektiert in „Avicii“ seine Trauer über den Tod des DJs, erzählt in „Danke für die Angst“ über den Alltagshorror des Provinzlebens, dem er nicht (mehr?) entflieht, sondern es akzeptiert, wenn nicht sogar lieben gelernt hat: „Das Leben ist kein Highway, es ist die B73.“ Überhaupt die Vergangenheit: Zeilen wie „Was wird aus Hannover, wenn die Scorpions nicht mehr sind?“ oder „Du hattest einen Plan vom Leben, ich hatte Fury in the Slaughterhouse“ porträtieren die triste Messestadt auf überraschend liebevolle Art. Uhlmann ist mit sich im Reinen, mit seiner Jugend ebenso wie mit der Gegenwart. Er wirkt gereift und erwachsen, wie ein großer Bruder und zugleich der beste Kumpel am Tresen. Und Verse singt wie: „Du wartest auf die Liebe, ich auf das nächste Bier.“ Simple Sätze, über die es sich dennoch nachzudenken lohnt.
Selbstverständlich und schlüssig klingt auch seine Musik, die zwischen Stadion-Rock, Kneipen-Punk à la Tote Hosen und der Rock-Melancholie eines Bruce Springsteen wechselt. Da sind tolle Hymnen dabei, die man aus vollem Halse mitgrölt und die den Druck auf die Repeat-Taste provozieren. Aber ebenso Piano-Balladen wie „Menschen ohne Angst wissen nicht, wie man singt“, die still und warm leuchten in der Dunkelheit. Denn die Welt da draußen ist bunt, bevölkert von Krankenschwestern und Rappern, von Punks und – ja, auch das – Junkies und Scientologen.
Peter Bickel