Focal Bathys: Bluetooth-Kopfhörer mit ANC im STEREO-Test

Schon seit einigen Jahren mischt der französische Lautsprecherspezialist auch auf dem Kopfhörermarkt mit. Der Focal Bathys ist der erste kabellose Kopfhörer mit ANC-Geräuschunterdrückung des Herstellers.


Rein äußerlich sieht der Bathys, dessen Name die Franzosen sich beim ersten tiefseetauglichen U-Boot „Bathyscaphe“ entliehen haben, seinen kabelgebundenen Geschwistern, die in den letzten Jahren zumindest bei dynamischen Hörern oftmals maßstabsetzend waren und bei Kritikern, Handel und Kunden reichlich Lorbeeren für Klang und Verarbeitung einheimsten, zum Verwechseln ähnlich – die Muschelform und Größe sowie der Bügel finden sich so oder sehr ähnlich selbst im Spitzenmodell Utopia.

Testfazit: Focal Bathys

Der Focal Bathys ist ein hervorragend verarbeiteter drahtloser ANC-Kopfhörer mit kräftigem, leicht bassbetontem Klang. Durch seine feine Auflösung von Details im mittleren und Hochtonbereich vermag er Spielfreude mit leichtem Anmachfaktor unter einen Hut zu bringen. Auch der Tragekomfort stimmt.

Optisch ein echter Blickfang, große Kapseln auch für größere Ohren passend

Schlechte Bedienungsanleitung, Bass etwas überbetont

Hochauflösende USB-Wandler

Dennoch ist der Bathys eine eigenständige Entwicklung. Zum einen versprechen die im französischen St Etienne hergestellten Chassis mit 40 Millimeter Durchmesser und der patentierten Aluminium/Magnesium-Kalotte in M-Form guten Klang; zum anderen tun dies auch die hochauflösenden USB-Wandler. Das hochwertige Gehäuse, die austauschbaren Echtlederpolster der Muscheln und die auf dem letzten Stand der Technik angesiedelten Bluetooth-Codecs in Verbindung mit den beiden schaltbaren ANC-Modi mit insgesamt acht Mikrofonen verdeutlichen Focals hohen Anspruch. Lange Laufzeiten von bis zu 30 Stunden – und kurze Ladezeiten (fünf Stunden Spielzeit sind in rund 15 Minuten geladen) sind zwar im Wettbewerb nicht ganz vorne, dürften aber trotzdem in der Praxis in den allermeisten Fällen ausreichend sein und runden das Bild der geballten Ladung zeitgemäßer Technik ab.



Bathys-Gebrauchsanleitung ist ausbaufähig

Dem Anspruch des Hörers nicht angemessen ist hingegen die Anleitung. Eine Tendenz zur „Ikearisierung“ ist hier wie bei etlichen anderen Produkten in letzter Zeit auffällig häufig vorgekommen; deshalb wollen wir an dieser Stelle nochmal nachdrücklich eine Lanze für vernünftige, deutschsprachige und in lesbarer Größe abgedruckte Anleitungen brechen. Auch beim Thema Tragekomfort gibt es von unserer Seite aus nichts zu kritisieren. Ein Kopf, der sich unter dem weich gepolsterten Bügel nicht wohlfühlt, ließ sich in der Redaktion nicht finden. Dass man mit dem Bathys in hoher Qualität telefonieren können soll, interessierte uns dabei zwar nur am Rande, sei aber zumindest erwähnt.

Focal Bathys im Case
Zur Ausstattung des Bathys zählen ein Case sowie USB-C-Kabel und Verbindungskabel 3,5 mm.

Gute und schnelle Konnektivität per Bluetooth

Die Steuerungstasten am Hörer sind gut erreichbar. Als Besonderheit kann der Bathys zudem noch seine Sprachsteuerung via Alexa oder Google Assistant vorweisen. Die Verkopplung mit anderen Bluetooth-tauglichen Geräten klappt schnell und zuverlässig, wobei der Bathys folgende Codecs unterstützt: SBC, AAC, aptX Adaptiv sowi, aptX. Die Reichweite im Drahtlos-Betrieb per Bluetooth 5.1 reichte zwar nicht für die eher im Freifeld realistischen 15 Meter, aber immerhin durch zwei nicht allzu dicke Wände hindurch.

ANC per App steuerbar

Auch eine App, mit der man alle Funktionen steuern, das Noise Cancelling und den Telefonmodus schalten und per Equalizer den Klang beeinflussen kann, ist erhältlich und macht einen gut bedienbaren Eindruck. Dass der 0,35 kg schwere Franzose mit seiner fein gelöcherten rückseitigen Abdeckung der Muscheln einen echten Blickfang zu bieten hat, ist zwar für seinen Klang nicht ausschlaggebend, aber wenn man sich eingesteht, dass das Auge mitisst, sicher kein Argument gegen den Erwerb des Bathys.

Focal Bathys
Die fein gelöchterte Hülle der Kapsel macht Focals Bathys zum Blickfang.

Nicht Bass, sondern Bässer

Einen im doppelten Sinne tiefen Eindruck hinterließen auch die akustischen Fähigkeiten Bathys. Denn der kraftvolle Bass erinnerte dabei durchaus an das von den Lautsprechern des Herstellers gewohnte Klangbild, das in den unteren Oktaven traditionell beherzt zulangt. Hier wirkte das Gebotene insgesamt aber etwas zu spektakulär, wenn beispielsweise Yello „The Race“aufspielte, aber auch, wenn Paco De Lucias akustische Gitarre beim „Concierto de Aranjuez“ gelegentlich etwas aufgebläht und dadurch etwas größer als man es in Natura kennt, wirkte.



Unter dem Strich sammelte der Focal Bathys trotz seines üppigen, sauberen Bassbereichs Punkte, selbst wenn extreme, ziemlich saftig aufgenommene Stücke wie Marla Glens „Cost of Living“ gespielt wurden, weil das Klangbild durch viele Details bestach und auch längere Hörsessions nicht ermüdeten.

Die großen Kapseln sorgen zudem dafür, dass wirklich jedes Großohr ohne Druckstellen unter die weichen Polster passt, sogar, wenn eine Hörsession zeitlich mal ausufert. Auf der anderen Seite sollte sich der potenzielle Käufer allerdings auch darüber im Klaren sein, dass der Bathys mehr Platz im Handgepäck einnimmt und das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit mit dem Hörer auf dem Kopf nicht so unauffällig ist wie bei den zahlreichen Wettbewerbern oder gar bei den In-Ear-Modellen.

Anmachender Charakter

Letztlich muss jeder für sich entscheiden, ob es für einen Preis um 800 Euro etwas extravaganter sein darf. Klanglich wird man die einmal nach hoffentlich ausgiebiger Hörprobe beim Fachhändler des Vertrauens getroffene Entscheidung jedenfalls kaum bereuen, auch wenn der Bathys als gänzlich neutraler Schiedsrichter knapp am Ziel vorbeischießt. Der hohe Tragekomfort sowie die Möglichkeit, den Klang per App noch etwas in Richtung „neutral“ und zu einem etwas schlankeren Bassauftritt zu verhelfen, sorgten im Test für ein hohes Maß an Zufriedenheit und längere Phasen ununterbrochenen Hörens. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen seines anmachenden Charakters machte der Bathys jede Menge Spaß und verlockte obendrein dazu, ziemlich laut zu hören – was ihm mühelos und unverzerrt gelang.



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