Mit 21 Jahren verlässt Ondara seine kenianische Heimat und kommt in Minnesota an, weil daher auch Bob Dylan stammt. Dieser Bundesstaat hat lange und kalte Winter: Hier bleibt einem kaum etwas anderes übrig als Schnee zu schieben oder nachdenkliche und wunderschöne Songs zu schreiben. 2019 erscheint sein Debüt „Tales Of America“, ein geradezu beängstigend reifes Folk-Album, mit dem er aus seiner Sicht den „American Dream“ beschreibt. Mit so einem Album könnte man richtig durchstarten. Doch dann kommt Corona.
Nach vier Wochen Lethargie komponiert Ondara in drei Tagen elf Songs, in weiteren drei Tagen nimmt er sie im Wohnzimmer auf, noch karger als das Debüt: nur Gitarre und Gesang, klanglich sehr naturbelassen. Mit eindringlichen Titeln wie „Isolation Depression Syndrome“ oder „Lockdown On Date Night Tuesday“ versucht er die nachhaltigen Ereignisse der letzten Monate zu verarbeiten, dabei kreiert er eines der schönsten Folk-Alben im Geiste von Dylan, Simon & Garfunkel und Noah Gunderson. Und beweist einmal mehr, dass ein Mann, eine Gitarre und zwei oder drei Akkorde zu Tränen rühren können.
Peter Bickel
J.S. Ondara | Folk N’ Roll Vol 1. – Tales Of Isolation
Nairobi ist nicht gerade die Stadt, der neue Folktalente entsprießen. Doch der in einfachen Verhältnissen aufwachsende Ondara wird süchtig nach Musik, hört Nirvana, Radiohead und Oasis, muss aber auch lernen, dass der Song „Knockin’ On Heaven’s Door“ mitnichten von Guns N’ Roses stammt. So entdeckt er immerhin den frühen Bob Dylan, für ihn eine Offenbarung. Und er lernt nicht nur weitere „Heroes“ wie Neil Young, Damien Rice oder Ryan Adams kennen, sondern realisiert auch, dass sie sich ebenfalls auf Dylan beziehen.
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J.S. Ondara Folk N’ Roll Vol 1. – Tales Of Isolation Verve/Universal