Für Rockgitarristen bilden die Gitarrenriffs der Young-Brüder trotz aller Simplizität das Basiswissen, das man einfach draufhaben muss. Gerade diese Reduktion – die minimalistischen Rockakkorde sowie der schnörkellose und ohne Effekte aufgeputschte und noch nicht mal übermäßig verzerrte Sound der Marshall-Amps – trägt seit nunmehr 45 Jahren zum Phänomen AC/DC bei. Dabei schien noch vor wenigen Jahren das Schicksal der Band besiegelt: Rhythmusgitarrist Malcolm Young musste die Band wegen Demenz verlassen und starb kurze Zeit da-
rauf, Drummer Phil Rudd wurde wegen eines Auftragsmordes an seinem Drogendealer angeklagt, und auch Bassist Cliff Williams verließ die Band. Sänger Brian Johnson musste laufende Tourneen aufgrund von Hörproblemen abbrechen und wurde zumindest live durch Axl Rose von Guns N’ Roses ersetzt.
Doch nun steigt die Band mit dem neuen, ihrem 17. Album wie der Phoenix aus der Asche. Die Anklage gegen Rudd wurde eingestellt, Johnson bekam sein Gehör wieder mehr oder weniger unter Kontrolle, Williams ist zurück, Stevie Young ersetzt seinen verstorbenen Onkel Malcolm, und so klingen AC/DC dank der krächzenden Vocals, dem wuchtigen Rhythmusfundament und Angus Youngs schneidender Soli so kraftvoll, rüpelhaft und verschwitzt wie eh und je. Produziert hat Brendan O’Brien, der auch schon das Vorgängeralbum „Black Ice“ betreute: Das ist ehrlicher, verlässlicher
Hardrock 'n' Roll, wie man ihn kennt, erwartet und schätzt.
Peter Bickel