In seinem Buch „Like The Night“ behauptete Christopher Paul Lee ernsthaft, das sei ein historisches Ereignis von demselben Rang wie der Skandal gewesen, den 53 Jahre zuvor die Uraufführung von Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ in Paris ausgelöst hatte – ein so amüsanter wie abwegiger Vergleich! Den 1998 als Folge 4 der „Bootleg Series“ unter dem Titel „Bob Dylan Live 1966, The ‚Royal Albert Hall‘ Concert“ veröffentlichten Mitschnitt des Auftritts lobte die Kritik praktisch einhellig. Nur Robert Christgau kritisierte: „The folk set stinks. It’s arty, mannered, nervous, as if Dylan is sick of these songs...“ – was weder dort noch auf die neue Einspielung von Cat Power zutrifft.
Sie musizierte letzten November exemplarisch und ergreifend vor allem die ersten sieben Songs mit akustischer Gitarre: brillant an der Harmonika, in Klassikern wie „Fourth Time Around“ und „Just Like A Woman“ die passende Überdosis Gefühl im Vortrag investierend. Insbesondere auf ihre Interpretation von „Desolation Row“ treffen Dylans Verse aus „She Belongs To Me“ zu: „She’s got everything she needs / She’s an artist, she don’t look back.“ Sie „interpretiert“ nicht! Auch die folgenden acht Songs, die sie mit Band musiziert, machte sie sich vollends zu eigen – bei „One Too Many Mornings“ und „I Don’t Believe You“ emotional konform mit dem Sarkasmus der Vorlagen.
Franz Schöler