Die zynische Perspektive, aus der sein Vater die Dinge dieser Welt oft betrachtet, ist ihm fremd – extreme Gefühle wie auch in dessen Songs sind es definitiv nicht. Man muss den Tonsetzer der Opern und Kompositionen für Shakespeare-Sonette nicht als bedeutenden Vertreter moderner Klassik schätzen, aber auch wenn gelegentlich gewöhnungsbedürftig, ist schon ziemlich bewundernswert, was er in verschiedenen Gattungen populärer Musik an Songs schrieb.
Bei seinen Auftritten mit der Amsterdam Sinfonietta an zehn Abenden dokumentierte Wainwright bei einem abwechslungsreichen Programm als Querschnitt durch sein Schaffen vor allem seinen Rang als origineller und höchst einfühlsamer Interpret. Die beiden klassischen Vorlagen von Barock-Komponist Rameau („Tristes Apprêts“) und Hector Berlioz („L’île Inconnue“) wählte er wohl wegen ihrer auch für heutige Ohren verblüffend eingängigen, ihm als Sänger genauso liegenden Melodien aus wie die des Irving-Berlin-Standard zu Beginn und von Jacques Brels „Amsterdam“ als Finale. Viel Gefühl investiert er in das Herzschmerz-Lamento „Go Leave“ von Mutter Kate McGarrigle. Ergreifender Höhepunkt ist die epische Ballade „I’m Going In“ – von der kanadischen Songwriter-Kollegin Lhasa de Sela über ihren bevorstehenden Krebstod mit 37 komponiert.
Franz Schöler